Auch vor der Öffentlichen Verwaltung macht die Digitalisierung nicht halt
Agile Coaching in der Öffentlichen Verwaltung - eine case study von Hans Färber
Situation
Auch vor der öffentlichen Verwaltung eines Norddeutschen Kreises macht die Digitalisierung nicht halt. In den regionalen Jobcentern sollen die zahlreichen Sachbearbeiter und Leitungen durch eine zeitgemäße Business Intelligence-Lösung sowohl bei der täglichen Arbeit als auch bei strategischen Fragestellungen mit automatisierten Auswertungen der Daten aus den operativen Systemen unterstützt werden.
1. Dynamische Anforderungen
Für eine sinnvolle detaillierte Vorplanung der Projektergebnisse müssen die Nutzeranforderungen nicht nur halbwegs klar und artikuliert, sondern auch relativ zeitstabil sein. Das war hier nicht der Fall: Wie so oft wussten die Nutzer erst wirklich, was sie wollten, wenn sie ein konkretes Ergebnis gesehen haben – und außerdem fiel ihnen natürlich ständig etwas neues ein.
2. Keine stabile Projektorganisation
Bei einem eher klassischen Vorgehen zu bleiben böte sich dann an, wenn es ein bestehendes, erfahrenes Team mit ausreichend Zeit für das Projekt gibt. Auch dies war hier nicht der Fall – das Team hatte sich neu gebildet, wenig Erfahrung im Hinblick auf Projektarbeit und war permanent mit Aufgaben aus dem jeweiligen Linienhintergrund der Mitglieder konfrontiert, denen in der Regel der Vorzug gegeben wurde. Hier war die Dringlichkeit schließlich oft klar und man wusste, was zu tun war!
3. Überfälliges Ergebnis schon zu Projektstart
Durch die Zeit, die seit dem offiziellen Startschuss bereits vergangen war, war schlicht keine Zeit für ein Vorgehen nach dem Wasserfallmodell, das mit einer genauen Bedarfsanalyse startet und erst ganz zum Schluss nutzbare Ergebnisse ausliefert. Die Organisation brachte dringend neue BI-Möglichkeiten!
- Klarer Fokus auf die Nutzer
Mit Personas der wichtigsten Nutzergruppen haben wir uns in diese hineinversetzt und damit und mittels persönlichem Austausch ein Gespräch über deren Anforderungen angeregt, das in knappen User Stories resultierte, die laufend erhoben wurden. - Kurze Planungszyklen und schnelles Feedback
Ein Backlog half uns, die derzeitigen Anforderungen im Blick zu behalten und zu priorisieren. Fest für die Umsetzung wurde nur rollierend für die nächsten Wochen geplant und laufend Feedback der Nutzer einbezogen. - Klarer, gleichbleibender Rahmen und Rhythmus für die Projektarbeit und Regelmäßige Reflexion und Anpassung
Die festen Zyklen und Events aus Scrum wie Sprint Planning, Review und Retrospektive sowie später eingeführte Regelmäßige synchronisierte Arbeitszeiten des Teams halfen uns, die Projektarbeit gegenüber den Linienaufgaben nicht ständig zu unterpriorisieren. - Regelmäßiges Liefern von nutzbaren Teilergebnissen
Nach jedem Sprint lieferten wir nutzbare Teilergebnisse, z.B. eine neue Auswertungsmöglichkeit für die Sachbearbeiter aus – das bedeutete auch, sich von dem Anspruch an Perfektion zu verabschieden, der anfangs herrschte.
Mit diesen Ansätzen begaben wir uns auf die gemeinsame Agile Reise. Gestartet mit einem nicht operativ nutzbaren Rumpfprodukt, ungeklärter Teamaufstellung und ohne gemeinsamen Arbeitsprozess entwickelten wir uns mit Hilfe eines initialen Trainingsworkshop und regelmäßigem Teamcoaching weiter. Nach einigen Monaten gemeinsamer Arbeit war das Produkt klar ausgerichtet, wurde von den ersten zwei Nutzergruppen produktiv eingesetzt und konnte für weitere ausgebaut werden. Das Team hatte sich eingespielt und konnte auf den externen Agile Coach immer häufiger verzichten. Und auch der Arbeitsprozess entwickelte sich stetig weiter.
Nutzen
Eine dringend benötigtes Projekt konnte nach einer langen Phase des Stillstands in kurzer Zeit umgesetzt werden. Tatsächlich war die Geschwindigkeit für die Organisation eine echte positive Überraschung.
Abb.: Entwicklung der Agilen Projektarbeit über die Zeit
- Regelmäßigkeit ist das A und O (feste Zyklen, Termine, …)
- Tagesgeschäft sticht immer Projekte, wenn diese keinen klaren Rahmen oder Schutzbereich bekommen
- Methoden auf den eigenen Kontext anpassen ist die Basis
- Fachliche Abhängigkeit von Einzelpersonen ist weiter problematisch und sollte reduziert werden, wann immer möglich
- Die Reflektion der Zusammenarbeit ist manchmal mühsam, aber unerlässlich
- Ein klarer Auftakt, der die Methoden direkt am Projektthema einführt, hilft
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