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Denkräume schaffen für tragfähige Entscheidungen
Die Entscheidungen, die wir treffen, können nur so gut sein, wie der Denkprozess, der den Entscheidungen vorausgeht. Das ist eine der zentralen Aussagen von Nancy Kline in ihrem Buch „Time to Think“, in dem sie zehn Komponenten beschreibt, die zusammengenommen einen optimalen Rahmen schaffen, um tragfähige Entscheidungen treffen zu können.
In einer Serie haben wir in diesem Newsletter bereits die Komponenten 1-6 beschrieben. Hier folgt der letzte Teil, in dem wir die Komponenten 7-10 unter die Lupe nehmen.
Zur Erinnerung die Komponenten 1-6
- Achtung (Attention): Ungeteilte, echte Präsenz beim Zuhören zeigen
- Gleichheit (Equality): Jeder Stimme den gleichen Raum geben
- Leichtigkeit (Ease): Stressfreie Atmosphäre für klares Denken schaffen
- Wertschätzung (Appreciation): Fokus auf Stärken und Erfolge legen
- Ermutigung (Encouragement): Dazu ermutigen, auch unvollständige Gedanken zu äußern
- Gefühle (Feelings): Emotionen als Teil des Denkprozesses zulassen
- Information – Datenbasis für Qualität schaffen
Entscheidungen brauchen zutreffende, ausreichende und gemeinsame Informationen. Wenn mangelhaft informiert wurde, oder wenn das Wissen asymmetrisch verteilt ist, sind zusätzlicher Aufwand und Frust vorprogrammiert.
Daher: Plant vor einer Entscheidung Zeit ein, um Transparenz herstellen über relevante Fakten, Annahmen und offene Fragen. Denn wenn alle dieselben Daten haben, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen auf Basis unterschiedlicher Prämissen handeln. Außerdem erhöht ihr so die Verbindlichkeit: Wer informiert ist, kann fundierter Verantwortung übernehmen.
Praxistipp
- Schickt relevante Dokumente, Zahlen und Kontext vor Meetings, in denen größeren Entscheidungen anstehen, an alle Beteiligten. Kurz und prägnant.
- Fragt zu Beginn von Meetings explizit: „Was fehlt uns noch, um diese Frage wirklich zu beantworten?“
- Haltet zentrale Annahmen, Datenquellen und offene Fragen schriftlich fest.
- Trainiert die Frage „Welche Information, wenn wir sie hätten, würde unsere Sicht am stärksten verändern?“ Das lenkt den Fokus auf das Wesentliche.
- Vielfalt (Diversity) - Unterschiedliche Perspektiven systematisch nutzen
Mit Vielfalt ist in diesem Kontext die kognitive Vielfalt gemeint: unterschiedliche Erfahrungen, Rollen, Expertise-Profile und Denkstile. Vielfalt bringt Lösungen hervor, die unterschiedlichen Szenarien standhalten können und erzeugt innovative Ideen. Denn verschiedene Blickwinkel bringen Risiken und Chancen zutage, die homogene Gruppen übersehen können.
Praxistipp
- Lasst vor Diskussionsstart jede/n einmal zu Wort kommen, damit jede/r Perspektive aus den unterschiedlichen Blickwinkeln gehört werden kann.
- Bestimmt rollierend eine Person, die explizit Gegenargumente sammelt.
- Prüft vor Abschluss einer Entscheidung: „Welche Perspektive fehlt noch?“
- Verortung (Place) – Die Umgebung als Denkunterstützer nutzen
Der Raum - physisch oder virtuell - sendet Botschaften: Wertschätzung, Tempo, Priorität. Ein gut gestalteter Ort reduziert Ablenkung, erhöht Komfort und signalisiert: Du bist hier wichtig. Mit einem einladenden Raum erhöht ihr das Gefühl von Wertschätzung und steigert die Bereitschaft, sich einzubringen. Licht, Temperatur, Sitzkomfort und Pausen beeinflussen die Fähigkeit, über längere Zeit klar zu denken.
Praxistipp
- Sorgt vor Ort für Tageslicht, ein zugewandtes Sitzarrangement, Flipcharts/Whiteboards in Reichweite, Getränke und kurze Pausen bei längeren Sessions.
- Remote bleibt die Kamera an. Online Meetings brauchen noch mehr als Meetings vor Ort eine klare Struktur mit klaren Regeln und einer engmaschigen Moderation.
- Incisive Questions (prägnante Fragen) - Limitationen aufspüren und auflösen
Incisive Questions sind präzise, wohlwollende Fragen, die einschränkende Annahmen freilegen und Denkblockaden auflösen. Sie sind eine Methode, die dem Denkenden hilft, unrealistische, unbegründete oder unnötig einschränkende Überzeugungen sichtbar zu machen und so den Weg für neue Optionen freizumachen. Eine gut formulierte incisive Frage kann langwierige Diskussionen abkürzen, weil sie den Kern einer Blockade trifft. Und oft führt sie zu konkreten nächsten Schritten und lädt in etwa ein, ein Experiment aufzusetzen.
Praxistipp
Beispiele für Incisive Questions:
- „Welche Annahme haben wir, die, wenn sie falsch wäre, alles verändern würde?“
- „Was würde ich einer guten Freund:in raten, der diese gedachte Grenze hat?“
- „Welche kleine Handlung könnte ich jetzt machen, um zu prüfen, ob diese Annahme hält?“
Und meine persönliche Lieblingsfrage:
- „Was weiß ich heute schon, was ich in einem Jahr herausfinden werde?“ Denn sein wir ehrlich: Manchmal gibt einem das Bauchgefühl schon ein Signal, bevor man dafür Worte findet. Dem bewusst Raum zu geben und das Bauchgefühl zu ergründen, wenn es sich meldet, schützt uns davor, Entscheidungen zu treffen, die wir im Nachhinein bereuen.
Fazit
In drei Teilen haben wir uns die zehn Komponenten für einen guten Denkraum näher angeschaut und beschrieben wie durch ihren Einsatz die Qualität des Denkens und damit die Qualität der Entscheidungen verbessert werden kann. Dieser Raum entsteht nicht zufällig, sondern durch einen bewusst gestalteten Rahmen. Die Zeit, die wir einsetzen, um diesen Rahmen zu schaffen, ist gut investiert. Denn als Return erhalten wir qualitativ hochwertige Entscheidungen und mehr Verbindlichkeit. Außerdem entsteht echte Wertschätzung füreinander, was wiederum die Zufriedenheit und Verbundenheit der Mitarbeitende erhöht.