Gesund führen in Veränderungsprozessen

Eva-Maria Röhreke I Beraterin für gesunde Führung und Teamdynamik

Der Rhythmus, der uns trägt, und was passiert, wenn er verloren geht

Wenn ich morgens mit den Öffis zu Consensa fahre, kostet es mich manchmal Kraft, nicht schon an der Bushaltestelle mein Handy zu zücken. Keine Mails checken, keine Teams-Nachrichten lesen, nicht schon anfangen zu organisieren oder zu reagieren, sondern einfach nur dastehen. Vielleicht in den Himmel schauen. Den Sonnenaufgang sehen. Oder beobachten, wie der Nebel langsam durch den Hafen zieht.

Früher war das einfacher. Wenn ich in den 70er Jahren an der Bushaltestelle gestanden hab, konnte man an der Bushaltestelle einfach nur stehen. Da gab es nichts zu tun. Kein Display, das blinkte. Kein digitaler Alltag, der schon vor Arbeitsbeginn drängte. Vielleicht ein Gespräch mit jemandem, der neben einem wartete. Mehr nicht. Und trotzdem wurde bereits Ende der 70er eins der heute bekanntesten Stressbewältigungsprogramme weltweit aus der Wiege gehoben (MBSR), aber das nur am Rande.

Heute ist das anders. Ich kann so viel gleichzeitig tun. Ich könnte:

  • Mails beantworten,
  • Urlaub buchen,
  • mit meinen Kindern schreiben,
  • den Wochenendeinkauf organisieren,
  • eine neue Waschmaschine bestellen.

 

Das ist wahnsinnig praktisch, keine Frage. Aber gleichzeitig passiert etwas anderes: Es fällt eine Lücke weg. Eine Pause. Ein Zwischenraum.

Wir sind jedoch rhythmisierte Wesen. Wir brauchen Rhythmus durch Lücken, Pausen, Zwischenräume ...

Wenn ich mir bewusst Zeit nehme, merke ich: Mein Körper arbeitet im Rhythmus. Leg an dieser Stelle gern deine Hand aufs herz: Unser Herz schlägt in Wellen, in Phasen der Anspannung und Entspannung.
Und so funktioniert unser ganzes Leben: Einatmen – ausatmen. Wachen – schlafen. Konzentration – Loslassen. Ebbe – Flut. Überall.

Wir sind rhythmisierte Wesen. Wenn dieser Rhythmus intakt ist, fühlen wir uns lebendig, wach, gesund.
Wenn er über längere Zeit gestört wird, werden wir krank.
Was stört den Rhythmus?

Rhythmus braucht Raum. Durch Verdichtung, ständige Erreichbarkeit, Reizüberflutung, Tempo fehlt dieser Raum heute oft.

Stress ist nicht nur ein Gefühl, sondern ein biologischer Zustand:

  • Der Hypothalamus aktiviert die Nebenniere.
  • Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol werden ausgeschüttet.
  • Der Puls steigt, die Atmung wird flacher, der Muskeltonus erhöht sich.
  • Gleichzeitig werden Verdauung, Immunsystem und Schlaf heruntergefahren.

 

Kurzfristig ist das hilfreich: Stress ist für den Ausnahmezustand gemacht.

Aber wenn dieser Ausnahmezustand zum Dauerzustand wird, dann kostet das Lebensfreude, Konzentration und Gesundheit.
Führung heißt also auch: Rhythmus ermöglichen

Genau hier liegt ein Teil der Verantwortung von Führung. Wenn wir über gesunde Führung in Veränderungsprozessen sprechen, dann sprechen wir auch über Rhythmus. Wir sprechen über die Fragen:
Wie gelingt es, unter Druck Inseln der Entlastung zu schaffen?
Wie ermöglichen wir Pausen, Übersicht, Orientierung - für andere und für uns selbst?

Im nächsten Beitrag geht es deshalb darum:

  • Was genau Mitarbeitende in Veränderung stresst
  • Und was Führung konkret tun kann, um gesundes Arbeiten möglich zu machen

 

Bis dahin vielleicht eine kleine Einladung:

Legen Sie doch morgen früh mal die Hand aufs Herz.
Und spüren Sie einfach nur, wie der Rhythmus schlägt.

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